8. Mai 2023, 13:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es gibt Preise, über die sich niemand freut. Einer von ihnen ist der „Big Brother Award“, der seit dem Jahr 2000 an Unternehmen und Dienste verliehen wird, die die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen sowie persönliche Daten verkaufen. Einer der Preisträger in diesem Jahr ist die Deutsche Post DHL Group.
Im vergangenen Jahr hat DHL die Nutzung und den Zugang zu seinen Packstationen umgestellt. Konnten sich Kunden bis dato per Kundenkarte einloggen, geht das seither nur noch per App. Diejenigen, die ein Paket aus der Packstation abholen möchten, benötigen außerdem einen QR-Code, den es nur über die App gibt. Sie sind somit nicht nur auf ein Smartphone angewiesen, sie müssen zusätzlich auch die „Post & DHL“-App installiert und auf ihrem Gerät eingerichtet haben. Genau dieser Digitalzwang bescherte der Deutsche Post DHL Group bei der Verleihung des Big Brother Awards 2023 den fragwürdigen Sieg in der Kategorie „Verbraucherschutz“.
DHL-Packstationen nur noch mit Smartphone und App nutzbar
TECHBOOK berichtete im Frühjahr 2022 über die Umstellung bei den DHL-Packstationen. Schon damals erhielten wir Kommentare von Lesern, die mit der Anpassung recht unglücklich waren und den Digitalzwang bemängelten. Sie benötigen nämlich nicht nur ein Smartphone mit aktiver Bluetooth-Verbindung, um bei neueren Packstation-Modellen ohne Display die Anzeige quasi auf ihr Gerät zu spiegeln. Kunden müssen zusätzlich auch im mobilen Internet eingewählt sein, um die notwendigen Daten per App abrufen zu können. Diejenigen, die kein Smartphone besitzen, können die Packstation somit nicht mehr nutzen. Vor allem dieser Smartphone- und App-Zwang ist es, weshalb DHL der Negativpreis verliehen wurde. Die Preisverleiher listen aber noch zwei weitere Punkte auf, die DHL den Big Brother Award 2023 beschert hat.
- Zum einen würde die „Post & DHL“-App nach dem Start ungefragt Daten an Trackingfirmen senden.
- Zum anderen bemängeln die Preisverleiher den Versuch, „sich den Pflichten der Grundversorgung bei der Briefzustellung zu entziehen, u.a. durch den Plan, Postfilialen durch Automaten zu ersetzen“.
Dass DHL über die App ungefragt Daten an Dritte weitergibt, hat laut des Big Brother Awards der IT-Sicherheitsexperte Mike Kuketz herausgefunden. Seinen Ermittlungen zufolge erstellt die App Verbindungen zu verschiedenen Trackingseiten, darunter beispielsweise Google Firebase (USA), Adobe Inc. (USA), der Adobe Experience Cloud, Google Firebase Remote Config (USA) und der „Google Firebase Analytics“-Tracker.
Rechtsanwalt Peter Hense hat sich aufgrund dieser Erkenntnisse mit dem Datenschutz der „Post & DHL“-App beschäftigt und kommt zu einem verheerenden Fazit. Sowohl die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) als auch das TTDSG (Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz) würden ihm zufolge sträflich missachtet. Vor allem die Übermittlung von Daten an die in den USA ansässigen Unternehmen Google und Adobe seien einwilligungspflichtig.
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Seit dem vergangenen Jahr sind die Kosten für das Briefporto und den Paketversand weiter gestiegen. Zusätzlich gibt es zunehmend Beschwerden bei der Bundesnetzagentur. Kunden bemängeln unter anderem die schlechte Qualität der Briefzustellung und die mangelnde Versorgung mit Postfilialen, vor allem in ländlichen Regionen. DHL hat daher einige Anpassungen geplant. Zum einen könnten Kunden, deren Brief am nächsten Werktag zugestellt werden soll, bald eine Extra-Gebühr zahlen müssen. Zum anderen möchte man mit sogenannte „Poststationen“ dem Filialmangel in bestimmten Regionen entgegenwirken. An den Automaten sind dann unter anderem diverse Briefdienste möglich.
Was an sich gut klingt, ist für einige Nutzer aber wieder eine schwer überwindbare Hürde. Zum einen sind nicht alle Kunden in der Lage, mit den digitalen Stationen umzugehen. Manche wissen nicht, wie es geht, andere haben eventuell körperliche Einschränkungen und können die Automaten nicht bedienen bzw. barrierefrei erreichen. Auch die klassische Beratung können die Poststationen nicht ersetzen. Ein großer Punkt ist auch, dass die Stationen kein Bargeld annehmen. Die Zahlung kann somit nur digital per Karte erfolgen.
TECHBOOK hat versucht, die DHL-Pressestelle für einen Kommentar zu erreichen. Leider funktioniert das Einreichen unserer Anfrage aufgrund deines Fehlers im Formularversand derzeit nicht. Wir werden es später erneut probieren und die Antwort dann an dieser Stelle nachreichen.